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Wenn die Energie sinkt – was Traurigkeit uns sagen will

  • matthiaswallisch
  • vor 8 Minuten
  • 3 Min. Lesezeit

Vor einigen Wochen erzählte mir eine Freundin, wie schwer ihr die

Matthias Wallisch Rua St. Maria in Funchal
Matthias Wallisch Rua St. Maria in Funchal

kleinsten Dinge gerade fallen. „Ich weiß nicht, ob ich einfach nur traurig bin“, sagte sie leise, „oder ob da schon etwas anderes mitschwingt.“

Dieser Satz blieb bei mir hängen und lässt mich immer noch aufhorchen. Vielleicht, weil ihn so viele Menschen in ähnlicher Form aussprechen. Vielleicht auch, weil Traurigkeit etwas ist, über das wir erstaunlich selten sprechen—obwohl sie so alltäglich ist wie Freude, Ärger oder Müdigkeit.

Traurigkeit gehört zum Menschsein. Und doch schämen sich viele dafür, sie zu spüren. Wobei ich nicht weiss, ob schämen das richtige Wort ist. Traurigkeit scheint einherzugehen mit dem Gefühl, verletzlich zu sein oder ist ein Zeichen für Schwäche?!


Traurigkeit ist kein Fehler

Wir erleben sie, wenn wir jemanden vermissen. Wenn etwas nicht so wird, wie wir gehofft hatten. Wenn Überforderung sich anstaut. Oder wenn unser Körper schlicht ein Zeichen setzt: „Es ist zu viel.“

Traurigkeit zeigt nicht, dass etwas mit uns „nicht stimmt“. Sie zeigt, dass etwas in uns wahrnimmt. Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster: Es ist die Seele, die wahrnimmt.


Manchmal ist Traurigkeit ein Vorbote auf Veränderung. Manchmal eine Einladung zur Ruhe. Und manchmal ein stilles: „Hol dir Unterstützung.“


Wann Traurigkeit tiefer wird

Der Satz meiner Freundin hat sich festgesetzt; wie ein Leuchtsignal lässt er mich aufhorchen. In meiner Begleitungspraxis erlebe ich immer wieder, dass Menschen erst sehr spät merken, wenn Traurigkeit sich verdichtet. Nicht, weil sie nicht aufmerksam wären. Sondern weil sie funktionieren. Weil sie Verantwortung tragen. Weil der Alltag weiterläuft.

Depression entsteht nicht über Nacht. Sie beginnt oft mit kleinen Anzeichen:

  • Die Freude wird dünner.

  • Das Denken enger.

  • Der Körper schwerer.

  • Der Blick auf die Zukunft kleiner.

Und irgendwann fühlen sich Dinge, die früher selbstverständlich waren, wie eine Bergbesteigung an.

Das ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist ein Zeichen von Erschöpfung.


Darüber sprechen verändert etwas

Ich erlebe immer wieder, wie entlastend es für Menschen ist, den eigenen Zustand auszusprechen. Nicht, um analysiert zu werden. Nicht, um Lösungen zu bekommen. Sondern um gehört zu werden.

Manchmal ist das der Moment, in dem wieder etwas in Bewegung kommt. Ein kleiner Riss im Nebel. Ein erster Atemzug. Und da frage ich mich: In den USA ist der Trend zu Gesprächsgruppen seit Jahren ungebremst. Besteht hier in meiner Comunity ein Interesse daran, sich in Gesprächsgruppen auszutauschen? Gibt es auch speziell für Männer das Interesse sich auszutauschen? Ich mache die Erfahrung, dass es gerade Männer sind, die sich schwer tun und vielleicht ist eine Gruppe, in der es allen ähnlich geht, ein Schlüssel zum inneren Ich.


Was hilft, ohne zu überfordern

Hilfreich sind oft nicht große Veränderungen, sondern behutsame Schritte:

  • Routinen vereinfachen statt perfektioniere - vielleicht auch ganz weg vom Perfektionismus

  • Kleine Bewegungen statt sportlicher Pläne.

  • Kontakt halten statt sich komplett zurückziehen - wer tut mir gut

  • Sanfte Strukturen statt strenger Pläne.

  • Ein Gespräch statt stumm weiterzumachen.

Wir müssen nicht sofort „funktionieren“.`Manchmal reicht es, den nächsten halben Tag zu schaffen. Oder den nächsten kleinen Schritt.


Traurigkeit will nicht weg – sie will verstanden werden

Vielleicht ist das der wichtigste Gedanke: Traurigkeit fordert uns nicht auf, sie zu besiegen. Sie bittet darum, ernst genommen zu werden.

Und manchmal zeigt sie uns mehr über unser Leben, als jede Phase, die sich leicht anfühlt.

Wenn du gerade das Gefühl hast, dass die Energie sinkt, dann ist das kein persönliches Versagen. Es ist ein Zeichen, dass etwas in dir Stimme werden möchte. Und du musst es nicht allein tragen.

 
 
 

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