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Zurück aus der Pause – Warum unproduktive Zeit unsere Klarheit stärkt und wie wir den Wiedereinstieg gestalten

  • matthiaswallisch
  • 22. Nov.
  • 4 Min. Lesezeit

Licht- und Schattenseiten (c) Matthias Wallisch
Licht- und Schattenseiten (c) Matthias Wallisch

Nach einer kleinen, ungeplanten Auszeit – mein Körper hat sich eine Pause genommen – freue ich mich, hier wieder weiterzuschreiben.

Solche Unterbrechungen kommen selten gelegen, aber sie erinnern uns auf eine sehr deutliche Weise daran, dass wir nicht immer im gleichen Rhythmus durchs Leben gehen. Und während ich langsam wieder in meinen Arbeitsalltag hineinfinde, wird mir bewusst, wie viel uns gerade die Momente schenken, die scheinbar „nichts“ hervorbringen.


Der unterschätzte Wert unproduktiver Zeit

In unserem Alltag gibt es einen starken Fokus auf Effizienz, Produktivität und das sichtbare Ergebnis. Wenn wir nichts tun, entsteht schnell das Gefühl, etwas zu versäumen oder hinterherzuhinken. Dabei sind es oft genau diese Ruhezonen, die wir am dringendsten brauchen – und in denen innerlich viel passiert.

Unproduktive Zeit ist nicht einfach Leerlauf. Sie ist ein biologisches und psychologisches Bedürfnis. Unser Gehirn nutzt Phasen niedriger Aktivität, um Informationen zu sortieren, Erfahrungen zu verarbeiten und kreative Verbindungen herzustellen. Studien zeigen: In Momenten, in denen wir „denken, ohne zu denken“, wird das sogenannte Default Mode Network aktiv – das Netzwerk für Selbstreflexion, Ideenbildung und langfristige Orientierung.

Vielleicht kennst du es aus deinem eigenen Alltag: Die besten Einfälle kommen nicht, wenn du angestrengt nach Lösungen suchst, sondern beim Spazierengehen, unter der Dusche oder auf dem Sofa, wenn der Blick irgendwo ins Ungefähre wandert. Es ist, als würde die innere Stimme sagen: „Lass mich kurz sortieren – ich komme gleich mit etwas Gutem zurück.“

Doch so wertvoll diese Zeit ist, so herausfordernd kann der nächste Schritt sein: der Moment, in dem wir wieder anfangen wollen.


Der schwierige Teil: der Wiedereinstieg

Egal ob eine Pause krankheitsbedingt war, aus privaten Gründen nötig wurde oder spontan entstanden ist – die Rückkehr in Routine fühlt sich oft schwerer an, als wir es vorher ahnen. Warum ist das so?

  1. Gewohnheiten kühlen ab. Routinen leben von Wiederholung. Fehlt diese, verlieren sie ihre „automatische Energie“.

  2. Der innere Anspruch wächst. Nach einer Pause wollen viele Menschen „richtig gut“ starten – und setzen sich unbewusst unter Druck.

  3. Der Kopf ist schneller als der Körper. Während die Gedanken bereits Pläne schmieden, braucht das Nervensystem manchmal noch Zeit, um nachzukommen.

  4. Die Lücke wird größer, je länger man sie anschaut. Drei Wochen Pause? Klingt plötzlich nach einem riesigen Berg.


Genau hier zeigt sich eine Lösung, die erstaunlich einfach ist – und dennoch sehr wirksam.


Temptation Bundling: Lust koppelt Pflicht – gerade beim Wiedereinstieg

Etwas Angenehmes mit etwas verbinden, das uns schwerfällt oder wenig Motivationsenergie besitzt, ist die Idee. Dieses Prinzip aus der Verhaltenspsychologie ist kein Selbstoptimierungstrick, sondern ein praktischer Weg, unser Belohnungssystem zu unterstützen.

Nach einer Pause wirkt Temptation Bundling besonders gut, denn:

  • Die alten Gewohnheiten haben ihre Zugkraft verloren.

  • Die Schwelle zum Anfangen ist höher.

  • Und das System freut sich über jeden Impuls, der sich gut anfühlt.


Praktische Beispiele aus meiner Begleitungspraxis

In turbulenten Zeiten erleben viele Menschen, dass sie sich selbst aus dem Blick verlieren. Entscheidungen fallen schwerer, Routinen rutschen weg, und die innere Stimme wird leiser.In meiner Begleitungsarbeit zeigt sich jedoch immer wieder: Oft braucht es nur sehr kleine, sehr menschliche Schritte, um wieder Orientierung zu finden.

Ein Klient erzählte mir kürzlich, dass er sich jeden Morgen zwei Minuten Zeit nimmt, um bewusst innezuhalten – nicht meditieren, nicht performen, nur da sein.„Ich merke, wie ich wieder zu mir komme“, sagte er.Der Effekt: mehr Klarheit für den Tag.

Eine andere Klientin hat sich angewöhnt, vor jeder Entscheidung eine einzige Frage zu stellen: „Was ist mir hier wirklich wichtig?“Sie beschreibt, dass sich dadurch der Lärm in ihrem Kopf beruhigt.

Wieder jemand anders nutzt den ersten Kaffee des Tages nicht, um sofort Mails zu lesen, sondern um kurz in sein Notizbuch zu schreiben: „Was brauche ich heute?“ Der Einstieg in den Tag wird dadurch weicher, lebendiger.

Und eine Führungskraft erzählte mir, wie sie in schwierigen Zeiten bewusst „Mini-Räume“ schafft – fünf Minuten spazieren, drei bewusst tiefe Atemzüge, ein kurzer Schritt aus dem Getriebe.„Das holt mich zurück in meine Mitte“, sagte sie.„Und aus der Mitte heraus treffe ich bessere Entscheidungen.“

Viele Menschen berichten, dass solche Mini-Gesten nicht nur stabilisieren – sie verändern den inneren Ton. Der Anspruch wird leiser, die Selbstfürsorge lauter.Und genau darin beginnt Selbstführung: nicht im großen Durchhalten, sondern in den kleinen Momenten des Innehaltens.

Wie turbulente Zeiten und innere Orientierung zusammenhängen

Auf den ersten Blick scheint es paradox: Wenn es im Außen stürmisch ist, müssten wir doch schneller, entschlossener, klarer handeln. Doch tatsächlich braucht ein Mensch in turbulenten Phasen etwas anderes: Verlangsamung im Inneren.

Turbulente Zeiten zwingen uns dazu, Dinge neu zu betrachten. Prioritäten sortieren sich. Alte Gewohnheiten verlieren plötzlich ihren Sinn. Und genau dann entsteht Raum für Fragen wie:

  • Was trägt mich wirklich?

  • Was ist Ballast?

  • An welcher Stelle brauche ich Grenzen?

Die Pause – ob freiwillig oder ungeplant – wird zur inneren Klärungsphase. Doch Klarheit allein genügt nicht. Sie braucht eine Form, einen ersten Schritt, um Wirkung zu entfalten.

Selbstführung ist genau dieser Schritt.

Sie verbindet das, was innerlich gereift ist, mit einer kleinen bewussten Handlung im Außen. So wird Orientierung wieder spürbar – nicht durch hektische Aktivität, sondern durch sanfte, klare Entscheidungen.

Ein Mikro-Start für turbulente Zeiten

Wenn du nach einer herausfordernden Phase wieder Orientierung suchst, probiere Folgendes:

  • Wähle eine einzige kleine Handlung, die dir gut tut.

  • Nimm dir dafür bewusst einen Moment Zeit – nicht nebenher, sondern präsent.

  • Achte auf dein Tempo, nicht auf Erwartungen von außen.

  • Wiederhole es regelmäßig, bis du merkst: Ich bin wieder bei mir.

So entsteht Stabilität – leise, aber wirkungsvoll.


Fazit: Selbstführung beginnt nicht in der Planung, sondern im Kontakt mit sich selbst

Eine Pause ist kein Bruch im Lebenslauf, sondern eine Einladung, sich neu auszurichten.Turbulente Zeiten bringen vieles durcheinander – aber sie öffnen auch den Raum für echte, tiefere Orientierung.Selbstführung heißt dann: kleine Schritte, ehrliche Fragen, ein freundlicher Umgang mit sich selbst.

Vielleicht magst du in den nächsten Tagen eine kleine Geste finden, die dich zu dir zurückbringt.Oft ist es nicht die große Entscheidung, sondern der stille Moment, der den neuen Weg möglich macht.

Schreibe mir doch, was dich überzeugt oder über was du dich gerne austauschen möchtest.

Einen schönen Sonntag, Wünsch Matthias Wallisch

 
 
 

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