Wertschätzung erfahren
- matthiaswallisch
- 15. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Wertschätzung – gesehen werden, wo man sonst nur gibt
Aktuell begegnet mir das Thema „Wertschätzung“ in verschiedenen Situationen.Ganz besonders berührt mich derzeit eine Klientin, die sich mit beeindruckender Hingabe um ihre Familie kümmert: um die Kinder, die Eltern, die Schwiegereltern – und gleichzeitig im Beruf zuverlässig und engagiert funktioniert. Sie tut das nicht halbherzig. Im Gegenteil: Alles ist ihr wichtig. Jeder Mensch zählt. Sie will allem und allen gerecht werden.
Damit das gelingt, braucht sie Struktur. Jeder Tag ist durchgetaktet. Jeder Moment wird genutzt. Und doch bleibt am Ende oft nichts für sie selbst übrig. Ausgerechnet jetzt nehmen ihre körperlichen Sympthome zu und es geht ihr schlechter.
In unseren Gesprächen taucht immer wieder die Frage auf:
„Wo bleibe ich eigentlich?“„Wer sieht, was ich alles tue?“„Was wäre, wenn ich einmal nicht funktioniere?“
Diese Gespräche gehen mir nach. Sie zeigen mir, wie viel Menschen leisten – leise, im Hintergrund, oft selbstverständlich. Und wie wenig Anerkennung es dafür gibt.
Wertschätzung ist kein Luxus
Ich erlebe immer wieder, wie kraftvoll es ist, wenn jemand endlich einmal sagen darf: „Es ist zu viel.“ Oder auch: „Ich wünsche mir einfach nur, dass jemand sieht, was ich trage.“
Wertschätzung ist kein Luxus, kein Sahnehäubchen obendrauf. Sie ist eine seelische Grundnahrung. Sie macht einen Unterschied – nicht nur im Außen, sondern tief im Inneren.
Ich weiß, wie es sich anfühlt
Ich erinnere mich gut an einen Moment, in dem mir selbst jemand mit echtem Interesse begegnet ist. Der nicht nur zugehört hat, sondern mich gehört hat. Der gesehen hat, was ich tue, ohne dass ich es rechtfertigen oder beweisen musste.
Diese Erfahrung war für mich ein Wendepunkt.Nicht, weil plötzlich alles leicht war – sondern weil ich gespürt habe: Ich bin nicht allein. Ich werde gesehen. Ich darf Mensch sein.
Und meine Klientin?
Mit jeder Sitzung wird klarer: Es braucht keine großen Veränderungen, sondern kleine Schritte zurück zu sich selbst. Ein ehrlicher Blick darauf, was gerade wirklich wichtig ist. Was losgelassen werden darf. Und wer vielleicht mittragen kann – wenn man sich traut, auch mal nicht zu funktionieren.
Fazit
Wertschätzung ist kein „Danke, gut gemacht“. Sie ist ein echtes Hinsehen. Ein Wahrnehmen. Ein Anerkennen – ohne Bedingungen.Und sie beginnt im Kleinen: in einer aufrichtigen Frage, in einem offenen Ohr, in einem wohlwollenden Blick.
Vielleicht kennen Sie auch jemanden, der viel gibt und wenig gesehen wird. Dann ist heute vielleicht der richtige Moment, um zu sagen:
„Ich sehe, was du tust. Und ich finde, das ist alles andere als selbstverständlich.“
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